Physik am Samstag
Vortragsreihe zur Sonnenfinsternis am 11. August 1999

Eine Sonnenfinsternis zählt
sicher zu den faszinierendsten Naturerscheinungen im Leben eines Menschen.
Im Altertum, vor der Entwicklung der exakten Astronomie kamen sie
überraschend
und erschreckend zugleich, oft wurden sie als Vorboten kommenden Unheils
gedeutet.
Daß es heute möglich
ist, Ort und Zeit dieser Ereignisse sekundengenau vorherzusagen, ist eines
der für den Laien eindrucksvollsten Beispiele für den Fortschritt
der exakten Naturwissenschaften. Das Erschrecken ist verschwunden, die
Faszination bleibt. Viele Menschen nehmen diese Vorhersagekraft heute als
quasi selbstverständlich. Sie erinnern sich nicht daran, daß
dies auf unserem vertieften Verständnis der Naturgesetze beruht, wie
sie in der Physik untersucht werden. Dieses Vergessen - oder Verdrängen
- zeigt sich auch in vielen anderen Bereichen unseres Lebens.
Die Fakultät für Physik
wird deshalb die Gelegenheit nutzen, aus Anlaß der Sonnenfinsternis
am 11. August 1999 in einer Serie von Samstagsvorträgen auf die vielfältigen
und faszinierenden Fragestellungen hinzuweisen, wie sie bei der Untersuchung
der Sonne und ihrer Wirkung auftretden. Gleichzeitig sollen diese Vorträge
einen - wenn auch nur kleinen - Teil der Arbeitsgebiete der Karlsruher
Physik präsentieren.
Die Vorträge richten sich an
wissenschaftlich interessierte Laien.
26. Juni 1999 | Prof. Dr. H. Genz Sonnenfinsternisse Am 11. August 1999 von 11:12 bis 13:55 werden Sonne, Mond und Karlsruhe auf derselben geraden Linie liegen. Von 12:31:39 bis 12:33:47 wird der Schatten des Mondes Karlsruhe völlig verdunkeln. Eine vergleichbare totale Sonnenfinsternis wird es in Deutschland erst wieder am 3. September 2081 geben. Das wissen wir, weil wir nicht nur das Sonnensystem, sondern auch die Naturgesetze, die für die Bewegungen der Himmelskörper gelten, genau kennen. Um die dunkle Scheibe des Mondes herum wird die Korona, der Sonne - eine bis drei Millionen Grad heiße, sehr dünne Wolke aus Gas - leuchten, und in ihrer Nähe werden Sterne zu sehen sein. Allerdings nicht genau dort im Fixsternhimmel, wo sie nachts stehen, wenn ihr Licht auf seinem Weg zu uns nicht an der Sonne vorbeikommt: Wie jeder schwere Körper lenkt die Sonne Lichtstrahlen in ihrer Nähe ab. Dieser Effekt und seine Größe folgt aus Albert Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie. Er wurde zuerst am 29. Mai 1919 während einer totalen Sonnenfinsternis in Brasilien und im Golf von Guinea beobachtet - mit triumphalem Erfolg. |
03. Juli 1999 | Prof. Dr. K.-H. Kampert Die Sonne, Stern unserer Erde Die Sonne ist nur einer unter Milliarden ähnlicher Sterne unserer Galaxis, der Milchstraße. Diese wiederum ist nur eine unter Milliarden Galaxien des Universums. Andererseits ist die Sonne aufgrund ihrer Nähe der einzige Stern, der uns flächenhaft zugänglich ist, so daß wir Zustände und Prozesse in einer Weise erforschen können, wie es bei keinem anderen Stern möglich ist. In diesem Vortrag wird erläutert, wie sich die Sonne vor etwa 5 Mrd. Jahren gebildet hat und aus welchen Quellen sie die gewaltigen Energiemengen bezieht, die zur Aufrechterhaltung ihrer Leuchtkraft notwendig sind. Der in der Sonne wirksame Prozess ist dieVereinigung oder Fusion von vier Wasserstoff-Atomkernen zu einem Heliumkern. Die Sonne enthält genügend Vorrat, um bei gleichbleibender Leistung noch nahezu 10 Mrd. Jahre zu brennen. In der nachfolgenden Endphase wird sie sich über den Erdbahnradius hinaus zu einem kühlen Riesenstern ausdehnen und ihre Hülle abstoßen, um schließlich ihre glühende Asche in Form eines Weißen Zwergs von der Ausdehnung der Erde zurückzulassen. Neben der Sternentwicklung am Beispiel der Sonne wird über weitere aktuelle Themen der Sonnenforschung berichtet. Diese beschäftigen sich mit dem inneren Aufbau der Sonne und den spektakulären Protuberanzen und koronalen Massenauswürfen, die während der bevorstehenden totalen Sonnenfinsternis unmittelbar beobachtet werden können. |
10. Juli 1999 | Prof. Dr. F. Fiedler Sonne, Wind und alle Wetter Die Erde, die Ozeane und die Atmosphäre empfangen kontinuierlich Energie von der Sonne. Im Mittel treffen auf einen Quadratmeter 342 W/m2 auf. Da die Energie jedoch nicht überall gleichmäßig verteilt auf der Erde ankommt, entstehen Druck- und Temperaturunterschiede. Die Atmosphäre reagiert darauf, indem sie sich in Bewegung setzt, um durch eine Fülle von verschiedenen Formen von Ausgleichsströmungen die Energieunterschiede abzubauen. So wird die Erdatmosphäre, aber auch die Ozeane ständig in Bewegung gehalten. Die Meteorologie und Ozeanographie hat gelernt, durch Anwendung der physikalischen Gesetze die Reaktion der Atmosphäre auf die von der Sonne zugestrahlte Energie zu berechnen, Reaktionen, die wir als Wetter, Witterung und Klima erfahren. In den Tropen kocht die Atmosphäre wie erwärmtes Wasser auf dem Herd, in unseren Breiten sind es riesige Wirbel wie Tief- und Hochdruckgebiete, die den Energieausgleich herbeiführen. Anhand von Filmbeispielen Satellitenbeobachtungen werden Beispiele der von der Sonne bewegten Atmosphäre aufgezeigt. Die größte mögliche Klimakatastrohphe träte ein, bliebe die Sonne ständig verdunkelt. In 14 Tagen wäre alle Energie durch Reibung aufgebraucht und die Atmosphäre zur Ruhe gekommen. |
17. Juli 1999 | Prof. Dr. P. Würfel Solarenergie Unsere Energieversorgung beruht auf dem Verbrennen von Vorräten. Das ist problematisch, weil sie in absehbarer Zeit aufgebraucht sein werden und weil dabei Stoffe freigesetzt werden, die unser Klima verändern und unser Leben bedrohen. Die Nutzung der Solarenergie kann diese Nachteile vermeiden. Die physikalischen Prinzipien zur Erzeugung von Wärme und elektrischer Energie sind weit entwickelt. Die technische Realisierung der Gewinnung von Wärme mit Sonnenkollektoren ist weit fortgeschritten. Die Gewinnung von elektrischer Energie ist eine größere Herausforderung. Das aussichtsreichste Prinzip ist die Photovoltaik, die Direktumwandlung der Sonnenenergie in elektrische Energie mit Solarzellen. Verschiedene technische Realisierungen sind dabei im Wettstreit. Das Hauptziel der Entwicklung ist die Erhöhung des Wirkungsgrads und die Senkung der Kosten. Eine zukünftige komplette Deckung unseres jetzigen Energiebedarfs mit Solarenergie ist nicht unmöglich. Sie wird aber sehr erleichtert, wenn wir uns an einen sparsameren Umgang mit Energie gewöhnen. |
24. Juli 1999 | Prof. Dr. J. Blümer Neutrinos - Boten aus dem Zentrum der Sonne Neutrinos sind wahrscheinlich die leichtesten Elementarteilchen - bis vor kurzem nahm man ihre Ruhemasse sogar zu Null an. Sie tragen keine elektrische Ladung und gehen nahezu ungehindert durch Materie hindurch. Bei der Energieerzeugung durch Kernfusion im Zentrum der Sonne entstehen zahlreiche Neutrinos, die als einzige Teilchen sofort die Sonne verlassen. Einige davon können mit raffinierten Teilchendetektoren auf der Erde nachgewiesen werden. Überraschenderweise findet man mit mehreren Experimenten deutlich weniger Neutrinos, als man aus der Energieerzeugung in der Sonne berechnet! Astrophysik und Elementarteilchenphysik stehen wahrscheinlich kurz davor, gemeinsam die Geheimnisse der Neutrinos zu enträtseln. |
Ort: Gaede-Hörsaal (Geb. 30.22), Physik-Flachbau
Zeit: jeweils 10:30 - 11:30 Uhr
Eintritt frei